MUDr. Martin Lužbeták, M.Sc.

Dostarlimab bei MSI-H/dMMR Kolorektalkarzinomen

Die Ergebnisse einer kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie, PD-1-Blockade bei Mismatch-Reparatur-defizientem, lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom, sorgten weltweit für Erstaunen. Denn bei allen mit dem PD-1-Blocker Dostarlimab behandelten Patienten in der Studie wurde ein komplettes Ansprechen auf die Therapie erreicht. Auch innerhalb der Nachbeobachtungszeit (zwischen 6 und 25 Monaten konnte mittels Magnetresonanztomographie (MRT) und endoskopischen Untersuchungen kein Rezidiv oder eine Progression festgestellt werden. [1]

Ziel der Studie und Durchführung

Ziel der Studie ist es, das Gesamtansprechen auf die Therapie mit dem PD-1-Inhibitor Dostarlimab alleine, oder in Kombination mit Chemotherapie und Strahlentherapie zu untersuchen.
Dabei findet in der Beurteilung eine Einteilung in die Kategorien “Komplette Remission”, “Partielle Remission” und “Stabile Erkrankung (stable disease)” statt. Voraussetzung für eine Kategorisierung als Komplettremission sind laut Studiendesign eine endoskopische Kontrolle und ein MRT der rektalen Region.

Insgesamt sollen in der laufenden Phase-II Studie 30 Teilnehmer mit Stage I und II dMMR Kolorektalkarzinomen mit Dostarlimab behandelt werden. Bis auf einen Patienten sind bei allen Teilnehmer die Lymphknoten bereits befallen. Von den bisher in die Studie aufgenommenen 18 Patienten, im Durchschnittsalter von 54 Jahren, befinden sich 78% Prozent bereits im Tumorstadium T3 oder T4. Alle Patienten wiesen dMMR- und BRAF-V600E-Wildtyp-Tumoren auf; die mittlere Tumormutationslast lag bei 67 Mutationen pro einer Million Basen. Darüber hinaus litten die Teilnehmer zum großen Teil unter großen, stark raumgreifenden Tumoren. Die Standardbehandlung hätte bei bei den meisten aus einer Kombination von Operation, Chemotherapie und Bestrahlung bestanden.
Die Teilnehmer der Studie erhalten über einen Zeitraum von sechs Monaten alle drei Wochen eine intravenöse Behandlung mit 500mg des Antikörpers Dostarlimab. Der aktuelle Status der Erkrankung wird durch Bildgebung und Endoskopie laufend überwacht. Wird bei den Studienteilnehmern keine Komplettremission beobachtet, soll eine Chemo- / oder Strahlentherapie erfolgen, bei fortschreitender Erkrankung eine Operation.
Dieser Fall ist bei den bisherigen Teilnehmern allerdings nicht eingetreten, da in allen Fällen unter der Gabe von Dostarlimab eine Komplettremission zu beobachten war. [1]

Beurteilung der Studie

Das kolorektale Karzinom gehört mit 60.000 Neuerkrankungen und 25.000 Todesfällen in Deutschland pro Jahr zu einer der am häufigsten auftretenden Krebserkrankungen. [2] Weltweit betrifft die Diagnose eines Kolorektalen Karzinoms sogar mehr als 1,9 Millionen Menschen. Aber nur 12 bis 15% dieser Rektumkarzinome werden durch den Biomarker-Status als dMMR klassifiziert. Als dMMR /defiziente MMR) wird eine defekte DNA-Mismatch-Reparatur bezeichnet durch die sich Mismatch-Fehler häufen. Dadurch beginnen die Mikrosatelliten in der Länge zu variieren. Statistisch betrifft diese besondere Form von Darmkrebs eher Patienten mit einem rechtsseitig gelegenen schlecht differenzierten und/oder muzinösen Adenokarzinom. [3] Ebenfalls ist die Rate der MSI-H Patienten mit 2% sehr gering. Patienten mit dem Status MSI-H/dMMR haben, aktuellen Studien zufolge im Frühstadium eine gute Prognose, haben sich jedoch bereits Metastasen gebildet ist die Prognose eher schlecht. [4]
Bei dieser kleinen Zielgruppe mit MSI-H/dMMR ist die Inhibition der Checkpoints jedoch als sehr effektiv zu beurteilen.
Ob die Inhibition von PD-1 in zukünftigen und zielgerichteten Therapien eine Chemotherapie oder eine Kombination aus Chemo- / und Strahlentherapie ersetzen kann, lässt sich mit Sicherheit noch nicht sagen. Weitere Studien, insbesondere mit einer Nachverfolgung über einen längeren Zeitraum, sind hier zwingend erforderlich.
Trotzdem sind die bisher veröffentlichten Ergebnisse sehr beeindruckend und zeigen, dass Patienten mit einer Krebserkrankung von einer personalisierten und zielgerichteten Therapie sehr profitieren können.

Quellen

[1] Andrea Cercek, M.D., Melissa Lumish, M.D., Jenna Sinopoli, N.P., Jill Weiss, B.A., Jinru Shia, M.D., Michelle Lamendola-Essel, D.H.Sc., Imane H. El Dika, M.D., Neil Segal, M.D., Marina Shcherba, M.D., Ryan Sugarman, M.D., Ph.D., Zsofia Stadler, M.D., Rona Yaeger, M.D., et al.: PD-1 Blockade in Mismatch Repair–Deficient, Locally Advanced Rectal Cancer. The New England Journal of Medicine 2022; 10.1056/NEJMoa2201445 NEJM
[2] Bray F, Ferlay J, Soerjomataram I, Siegel RL, Torre LA, Jemal A: Global cancer statistics 2018: GLOBOCAN estimates of incidence and mortality worldwide for 36 cancers in 185 countries. CA Cancer J Clin 2018; 68: 394–424 PubMed
[3] Overman MJ, McDermott R, Leach JL, Lonardi S, Lenz HJ, Morse MA, et al. Nivolumab in Patients With Metastatic DNA Mismatch Repair-Deficient or Microsatellite Instability-High Colorectal Cancer (CheckMate 142): An Open-Label, Multicentre, Phase 2 Study. Lancet Oncol (2017) 18(9):1182–91. doi: 10.1016/S1470-2045(17)30422-9 PubMed
[4] Gelsomino F, Barbolini M, Spallanzani A, Pugliese G, Cascinu S. The Evolving Role of Microsatellite Instability in Colorectal Cancer: A Review. Cancer Treat Rev (2016) 51:19–26. doi: 10.1016/j.ctrv.2016.10.005 PubMed